- Notar als Allrounder vs. Fachanwalt für Erbrecht als Spezialist
Warum soll ich mein Testament von einem Rechtsanwalt erstellen lassen und nicht von einem Notar?
Grundsätzlich ist eine kompetente Beratung bei der Testamentserrichtung sowohl bei einem spezialisierten Rechtsanwalt, als auch bei einem Notar möglich. Der Rechtsanwalt sollte seine vertiefte Fachkenntnis bestenfalls durch die Zusatzqualifikation zum Fachanwalt für Erbrecht nachweisen können. Wo aber liegen die Unterschiede und Vor- bzw. Nachteile?
Die Testamentserrichtung bei einem Notar bietet den Vorteil, dass das Testament dort direkt beurkundet werden kann. Im Todesfall wird das Testament automatisch vom Nachlassgericht abgerufen und die Erben benötigen keinen Erbschein. Zum Nachweis der Erbfolge gegenüber Banken oder dem Grundbuchamt genügt dann das „Protokoll über die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen“ (Eröffnungsprotokoll) des Gerichts nebst der beglaubigten Abschrift des Testaments.
Die Beratung beim Rechtsanwalt hat dagegen mehrere Vorteile. Zunächst beraten Notare nicht steuerlich und berücksichtigen somit auch keine steuerlichen Folgen bei der Testamentserrichtung. Rechtsanwälte dagegen sind üblicherweise zumindest in Bezug auf die Optimierung der Erbschaftsteuer firm und dürfen hierzu auch beraten. Für komplexe Sachverhalte oder Vermögen, bspw. im Rahmen der Unternehmensnachfolge ist dennoch eine Abstimmung zwischen Rechtsanwalt und Steuerberater sinnvoll.
Ein weiterer Vorteil ist, dass Anwälte regelmäßig mit Streitigkeiten befasst sind, die aus unklaren oder auslegungsbedürftigen Testamenten erwachsen. Hierdurch entsteht ein Bewusstsein dafür, welche Teile des Testaments nach dem Erbfall gegebenenfalls problematisch sein oder angegriffen werden könnten. Ein guter Anwalt zieht hieraus seine Lehren und kann die absehbaren Probleme bestenfalls schon beim Entwurf des Testaments durch geschickte Formulierung vermeiden.
Im Gegensatz zum Notar darf der Rechtsanwalt außerdem auch einen Erben in einem Rechtsstreit vertreten, wenn der Anwalt selbst schon mit dem Testament befasst war, weswegen gestritten wird. Das kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn Eheleute ein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichten und einer der beiden ein Kind aus früherer Ehe enterbt. Der Rechtsanwalt kann dann beim Todesfall des ersten Ehegatten den Überlebenden im Streit mit dem enterbten Kind vertreten. Hier ist es von Vorteil, dass der Anwalt die Umstände der Testamentserrichtung kennt und deshalb weiß, wie das Testament gegebenenfalls auszulegen ist und wie nicht.
Fazit: Anwälte und Notare können gleichermaßen kompetent beraten. Der Rechtsanwalt hat in der Beratung jedoch gewisse Möglichkeiten und Kenntnisse, die ein Notar nicht hat.